Hoch gepriesener Sangiovese

Der Brunello trägt als Rebvariante nicht den Namen seiner „Eltern“

Die edle Traube belohnt sonnige Wärme mit Alkoholstärke und Langlebigkeit

Im Anbaugebiet des Chianti wird sie auch „Blut des Jupiters“ genannt: Sangiovese – die edle Rotweintraube aus der Toskana. Die Rebsorte ist wegen ihrer Zuverlässigkeit in den Erträgen, ihrer Unkompliziertheit und Widerstandsfähigkeit mit rund 70.000 Hektar Weinbergfläche (Stand: 2005) die am häufigsten angebaute Rotweinsorte Italiens. Von ihrem Namen sollten sich Weinfreunde allerdings nicht täuschen lassen: Rebvarianten tragen oft andere Bezeichnungen als ihre „Eltern“ – zum Beispiel Brunello. Mit dem ausschließlichen Einsatz eines Klons der vermutlich schon vor über 2500 Jahren unter den Ethruskern bekannten Sangiovese werden rund um das Städtchen Montalcino der berühmte und prestigeträchtige Brunello di Montalcino und der „kleine Bruder“ Rosso di Montalcino gekeltert. Andere Klone sind die Basis für weitere hochwertige und teure reinrebsortige Weine wie etwa den Vino Nobile di Montepulciano. Bis in das 19. Jahrhundert hinein waren für die edle Rebsorte auch die Namen Sangioveto oder San Gioveto gebräuchlich. Erstmals erwähnt wurde der Sangiovese durch Giovanvettorio Soderini im Zeitalter des Barock. Der Autor und Weinkenner schrieb 1722, die Traube sei „hoch gepriesen für die Gewinnung von erstklassigem Wein“. Erst im 20. Jahrhundert wurden aus den in Jahrhunderten entstandenen regionalen Ausformungen die besten Klone ausgewählt und systematisch vermehrt. José Vouillamoz, ein Biologe aus der Schweiz, wies dann im Jahr 2003 nach, dass Sangiovese aus einer spontanen Kreuzung der Sorten Ciliegiolo x Calabre Montenuovo entstanden ist. Mit letzterer sind heute lediglich noch wenige Weinberge in der italienischen Region Kampanien bestockt.

Verschiedene Biotypen mit starkem Wuchs

Hin und wieder ist zu lesen, es gebe eigenständige Sortenvarianten von Sangiovese. Dabei wird etwa auf Bezeichnungen wie Sangiovese grosso (Brunello, Prugnolo gentile), Sangiovese piccolo oder Morellino verwiesen. Bei diesen vermeintlichen Varianten dürfte es sich jedoch nicht um Qualitätsbezeichnungen handeln. Wahrscheinlicher ist, dass darunter nur grobe Einteilungen für die Traubengröße oder womöglich Mutationen zu verstehen sind. Man spricht deshalb heute von verschiedenen Biotypen der Sorte. Dabei herrscht unter den Experten keine Einigkeit darüber, wie viele dieser Biotypen es gibt und wie sie genetisch voneinander abweichen. Die Sangiovese-Traube belohnt sonnige Wärme mit Alkoholstärke und Langlebigkeit der Weine. Die Rebsorte bevorzugt wegen ihres äußerst starken und aufrechten Wuchses leichte, kalkhaltige Böden und gute trockene Lagen. Auf den sehr steinigen Böden um Montalcino gedeiht sie besonders gut, so dass es nahe lag, die Trauben für einen der teuersten Weine der Welt zu verwenden. Der Sangiovese hat durch seinen relativ späten Austrieb kaum Probleme mit Frühlingsfrösten und ist auch nicht sehr anfällig für Krankheiten.

Späte Reife birgt klimatische Risiken

Ein weiteres Merkmal des Sangiovese ist seine langsame und späte Reife. Die Lese begann schon immer erst nach dem 29. September und wird auch heute noch oft bis Mitte Oktober vorgenommen oder sogar noch weiter aufgeschoben. Werden die Trauben sehr spät gelesen, kann dies gelegentlich zu Problemen führen. Denn bei herbstlichen Schlechtwetterperioden, wie sie in Mittelitalien durchaus vorkommen können, reifen die Früchte nicht mehr voll aus. Wenn Jupiter für ein Donnerwetter sorgt und den Weinbergen zuviel Kälte und Feuchtigkeit zumutet, sind die dünnschaligen Trauben auch anfällig für Fäule. Dann dominieren Tannin und Säure den Wein. Um die Anfälligkeit der Sorte in kühlen und nassen Jahren zu kompensieren, wurde sie daher schon immer mit anderen Rebsorten verschnitten – bis in die 1980er-Jahre vor allem mit Canaiolo oder Colorino, später zunehmend mit Cabernet Sauvignon, Merlot oder anderen Sorten. Jupiter greift übrigens auch dann ein, wenn der Sangiovese lieblos angebaut wird und der Winzer der Quantität gegenüber der Qualität den Vorzug gibt. Dann straft der römische Gott zwar nicht mit Blitz und Donner, sondern wiederum mit unangenehmer Säure sowie mit blassroter bis bräunlicher Weinfarbe und Kopfweh am nächsten Tag. Voll gelungene Sangiovese-Weine sind dagegen von intensiver rubinroter Farbe, trocken, leicht tanninhaltig und fruchtig – aber auch tiefgründig und elegant. Sie eignen sich gut für den Ausbau in Holzfässern. Die filigrane Eleganz des edlen Gewächses hebt sich deutlich vom kräftigeren, massiveren Charakter des Cabernet Sauvignon ab. Auffällig ist auch das typische Bukett nach Sauerkirschen. Im Abgang fällt die leichte, angenehm bittere Note auf. Bemerkenswert ist beim hochreifen Sangiovese auch die intensive Pflaumenwürze mit Anklängen von Blüten und wilden Beeren. Daher wird die edle Rebsorte mitunter nicht nur als „Blut des Jupiters“ bezeichnet, sondern auch „Prugnolo“ („Das Pfläumchen“) genannt. (mh)

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