Brunello Annata 2008
„Mit satten vier Sternen (von fünf möglichen) wurde der Jahrgang 2008 vom Consorzio Brunello di Montalcino bewertet. Nach der Verkostung von über 160 Brunellos 2008 kann ich leider nur von einem recht enttäuschenden Gesamteindruck des Jahrgangs berichten. Viele Weine weisen harte, unreife Tannine auf, andere sind flach und besitzen wenig Ausdruck. Zum Teil lässt sich das gewiss mit dem Witterungsverlauf erklären. Im Frühjahr gab es viel Regen mit sehr hohem Pilzdruck. Nach einem warmen bis heißen Sommer erfolgte Anfang September nochmals ein Hitzestoß. Der ließ zwar die Zuckerwerte in die Höhe schnellen, die Tannine aber leider nicht entsprechend reifen. Zudem gab es im südlichen Teil des Anbaugebietes heftigen Hagel, der weite Teile der Weinberge in Mitleidenschaft zog. Generell schneiden so die Weine aus den Gebieten östlich und nördlich des Hauptortes deutlich besser ab. Es gibt auch lobenswerte Ausnahmen, Weine, die zwar straffes Tannin haben, im Finale aber nicht bitter, sondern stoffig sind und großes Entwicklungspotenzial aufweisen. In Summe sind das aber zu wenige, und das kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass in der Masse einfach viele recht dürftig sind. Bei einem Wein, der preislich mit 35 Euro aufwärts verkauft wird, dürfte das einfach nicht passieren. Wenn der Verkaufserfolg des Brunello auch in Zukunft anhalten soll, besteht Handlungsbedarf beim Consorzio. Hier muss besser die Spreu vom Weizen getrennt werden. Es kann nicht genügen, dass ein Wein die formalen Anforderungen besitzt, um als Brunello deklariert zu werden, er muss auch die entsprechenden qualitativen Merkmale aufweisen. Die Verkostungskommission, die ja jeder Wein passieren muss, kann hier ruhig etwas strengere Maßstäbe anlegen – schließlich erwartet sich der Konsument von einem Brunello ja auch besondere Qualität. Die Riservas 2007 konnten die Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieser Kategorie leider nur bestätigen. So schön, offen und zugänglich die Brunellos 2007 waren, so überreif, müde und malzig präsentieren sich nun viele Riservas ein Jahr später. Schade um das zusätzliche Jahr Reife. Die lobenswerten Ausnahmen zeigen, dass es auch durchaus anders sein könnte. Bei Brunello 2008 und Riserva 2007 heißt es also mit Bedacht wählen.“ (Othmar Kiem für FALSTAFF 02/2013)
„Seit Anfang des Jahres sind die 2008er Brunello im Verkauf. Keine fettleibigen Schwergewichte wie 2007, keine muskelbepackten Athleten wie 2006, sondern schlanke, fruchtige Weine – zumindest die besseren. Allerdings hat es selten so viele banale, gar missratene Brunello gegeben wie in 2008. Weinkenner.de nennt Ross und Reiter. Nach dem „Brunellopoli“ im Jahre 2007 und dem Einbruch des Marktes in den folgenden Jahren hat sich die Lage in Montalcino inzwischen wieder normalisiert. Die Nachfrage nach Brunello hat angezogen.
Montalcino ist wieder die Spitzen-Appellation für Sangiovese-Weine in der Toskana.
Ruhe ist freilich nicht eingekehrt. Die Debatte um die Frage, ob der Brunello ganz oder nur teilweise aus Sangiovese-Trauben gewonnen werden soll, wirkt nach. Zwar ist unter dem neuen Konsortiums-Präsidenten Fabrizio Bindocci (Il Poggione) klar entschieden worden, dass in einem Brunello Sangiovese und nichts als Sangiovese sein soll. Doch glücklich sind die meisten großen und einige kleine Weingüter nicht über die Entscheidung. (Jens Priewe, WEINKENNER.DE, 04/2013)
„2008 war in Montalcino ein Jahr mit kühlerem Witterungsverlauf. Es begann feucht im Frühjahr, gefolgt von einem langen, warmen Sommer mit gelegentlichen Regenschauern. Zum Lesebeginn war es kühl und trocken, zum Ende der Ernte setzte wiederum Regen ein. Der 91-jährige Dottore Franco Biondi-Santi vom berühmten Weingut Il Greppo spricht bei 2008 interessanterweise von einem optimalen Jahrgang. Denn für die langjährige Reifung seiner Weine setzt er auf eine frische, klare Säurestruktur und bricht generell früher zur Lese auf. Für ihn zeigen die 2008er die Voraussetzungen für einen grossen Jahrgang, wobei er den kommenden, üppig-reichhaltigen Sonnenjahrgang 2009 aufgrund seiner geringeren Säure eher schwächer bewertet. Auf eine Riserva verzichtet der Dottore daher in 2009, wobei er für 2008 eine grosse Riserva erwartet. Mit dieser Einschätzung vertritt Biondi-Santi freilich ein anderes Konzept als der überwiegende Teil der Brunello- Erzeuger. In vielen 2008er Brunellos machen sich nicht voll ausgereifte Trauben durch harte, kantige Säuren bemerkbar. Andere Weine zeigen wiederum oxidative Noten von überreif gelesenem Rebmaterial, mit bräunlich-müden Farben und ausgemergelten Tanninen. Manche 2008er wurden mit einer (zulässigen) Beigabe des volleren Jahrgangs 2009 «aufgepeppt». Nur wenige Brunellos des Jahrgangs 2008 wurden aus vollends ausgereiftem Rebmaterial erzeugt. Die besten Weine besitzen eine frische, präzise Frucht mit harmonischer Säure und reichhaltig-weichem Tannin mit etwas groberer Körnung. Die besten Weine stehen auf einem sehr hohen Niveau und überzeugen mit einer kühleren, frischen und sehr klaren Aromenführung. Wobei sie natürlich nicht die Reichhaltigkeit und schwelgerische Fülle der Vorgänger aus den warmen Jahrgängen 2006 und 2007 erreichen. Allerdings übertreffen sie die schlankeren 2005er deutlich! Der Jahrgang 2007 hatte bei den Annatas im letzten Jahr trotz deutlich wärmerer Wetterbedingungen eine gewisse Sprödigkeit nicht verleugnen können. Während 2006 intensiv, rund und süss daherkam, konnten die 2007er zwar ähnliche Fülle und Extrakte aufweisen, doch die Tannine waren weitaus weniger rund und weich, vielmehr neigten sie zu einem trockenspröden Nachhall im Mund. Die aus diesem Jahrgangs-Credo resultierenden Riservas wurden durch den meist längeren Fassausbau nicht bedeutend weicher oder runder. Vielfach wirkten die Weine eher angestrengt und ausgezehrt. Insgesamt konnte das Niveau der 2006er Riservas daher nicht ganz erreicht werden. Die besten Exemplare aus 2007 besitzen dennoch ganz grosse Klasse, mit viel Körper und reichlich Tannin.“ (WEINWISSER, 03/2013)
„2008 Brunello Di Montalcino: A Consumer’s Vintage
Readers will find a set of mostly approachable, easygoing Brunellos in 2008. The vintage presented growers with many challenges, the severity of which varied from zone to zone. Depending on the estate, producers reported variable conditions ranging from irregular flowering to significant disease pressure in the spring and devastating hail in August. The saving grace was a marked improvement in the weather in late September and early October. I have chosen to describe the conditions growers reported within the respective producer profiles, as this is a vintage in which generalizations are of little value. With a few notable exceptions, 2008 produced a crop of mid-weight wines that are best suited for near and medium-term drinking. Given that the market for Brunello di Montalcino is highly vintage sensitive, I imagine most of these wines will be very reasonably priced. Readers will be best served by focusing on the top estates and choosing bottles that can be enjoyed today, while the 2006s and 2007s rest comfortably in cellars.“ (Robert Parker)